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Mit „Due Diligence“ bezeichnet man die bspw. dem Unternehmenskauf, der Unternehmensübernahme oder der Gründung eines Joint Ventures vorausgehende Prüfung des Kauf- oder Übernahmeobjekts. Der Begriff der Due Diligence verweist darauf, dass hierbei die „erforderliche Sorgfalt“ einzuhalten ist. Während Teil 1 der Serie in unserem Blog vom 7. März 2017 die Zielsetzung der Due Diligence sowie den Ablauf der Due Diligence und den dabei zu wahrenden Datenschutz behandelt hat, sollen in Teil 2 die Prüfungsschwerpunkte einer Due Diligence vorgestellt werden.

Der Umfang der Due Diligence orientiert sich an verschiedenen Faktoren, wie unter anderem der Art und Größe der Zielgesellschaften sowie den vom Veräußerer nach dem Unternehmenskauf geplanten Maßnahmen, aber auch der Risikobereitschaft des Erwerbers („Materiality Threshold“) und der Phase der Akquisition. Generell sollten bei jeder Due Diligence sowohl die Organisation der Unternehmensleitung dargestellt als auch mit den Vorständen oder Geschäftsführern geschlossene Verträge überprüft werden. Der Berater muss bspw. die Unternehmensmitbestimmung und die betriebsverfassungsrechtliche Struktur der Zielgesellschaften durchdringen. Eine etwaige Tarifbindung der Zielgesellschaften ist ebenfalls in den Blick zu nehmen. Zum Prüfungsumfang der Due Diligence zählt weiter die Ermittlung der Arbeitnehmerdaten und die Durchsicht und Prüfung der verwendeten Musterarbeitsverträge. Verträge mit Werk- oder Subunternehmern sowie freien Mitarbeitern untersucht der Arbeitsrechtler auf Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder sozialversicherungsrechtliche Regelungen. Ein besonderes Augenmerk ist auf die in der Regel kostenintensiven Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung zu richten. Zum Prüfungsumfang einer Due Diligence zählt es für den Berater auch, die Rechtsstreitigkeiten der letzten Jahre mit Arbeitnehmern und dem Betriebsrat zu analysieren.


Was ist im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Due Diligence zu prüfen?

Einen ersten Überblick über die Zielgesellschaft gewinnt der Berater bei der Prüfung der Management- und Verantwortlichkeitsstrukturen der Unternehmensleitung. Eine Sichtung der Dienstverträge mit den Organmitgliedern zeigt die rechtliche Möglichkeit einer etwaigen Trennung und daraus resultierende Kosten, bspw. für Freistellungen oder aus nachvertraglichen Wettbewerbsverboten, auf. Zu prüfen ist weiter, ob und zu welchen Konditionen Vereinbarungen bzw. Zusagen über betriebliche Altersversorgung mit den Organmitgliedern geschlossen bzw. erteilt wurden. Diese Prüfung ist – jedenfalls bei einem Share Deal – auch auf bereits ausgeschiedene Mitglieder der Unternehmensleitung zu erstrecken.

Mitbestimmung im Unternehmen und im Betrieb?

Einen weiteren Einblick in die Gesellschafts- und Konzernstruktur erlangt der Berater durch eine Überprüfung der Mitbestimmung im Unternehmen und im Betrieb. Hierbei ist zu überprüfen, ob erforderliche Aufsichtsräte überhaupt und wenn ja zutreffend gebildet wurden. Daneben muss sich der Berater einen Überblick über sämtliche Betriebe und Betriebsstätten verschaffen und die betriebsverfassungsrechtliche Struktur prüfen. Auch die Auswirkungen des Erwerbs der Zielgesellschaft(en) auf die Arbeitnehmervertretungen müssen überdacht und bewertet werden.

Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen?

In einem weiteren Schritt ist die Bindung der Zielgesellschaften an Tarifverträge in den Blick zu nehmen. Der Berater muss sich mit bestehenden und auch mit früheren Mitgliedschaften in Arbeitgeberverbänden oder allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen auseinandersetzen. Anwendbare Tarifverträge sind insbesondere auf Kündigungsfristen, Rationalisierungsschutz, Arbeitsplatzgarantien, Sonderkündigungsschutz und Abfindungsregelungen hin zu sichten. Die künftige Entwicklung der Tarifwerke ist, sofern bereits bekannt, zu berücksichtigen.

Darüber hinaus sichtet der Arbeitsrechtler sämtliche gültigen Betriebsvereinbarungen hinsichtlich kostenintensiver Regelungen, Laufzeiten, Kündigungsmöglichkeiten und Arbeitsplatzgarantien oder Wiedereinstellungszusagen. Dies gilt entsprechend für Gesamtzusagen und Regelungsabreden. Ein besonderes Augenmerk ist auf Interessenausgleichsvereinbarungen und Sozialpläne zu legen. Diese können auch auf künftige Restrukturierungen noch Anwendung finden oder aber zumindest die Erwartungshaltung des Betriebsrats für künftige Interessenausgleichs- oder Sozialplanverhandlungen offenlegen. Etwaig bestehende betriebliche Übungen sind aufgrund ihrer Bindungswirkung für die Zukunft intensiv zu untersuchen.

Arbeitnehmer, (Schein-)Selbstständige und Leiharbeitnehmer?

Weiterhin sind im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Due Diligence nicht nur die Zahl und Sozialdaten der zu übernehmenden Arbeitnehmer zu ermitteln, sondern auch zu welchen Konditionen die Zielgesellschaften diese beschäftigen. Hierfür sind (Muster-)Arbeitsverträge auf Entgeltansprüche, Nebenleistungen, Beendigungsmöglichkeiten und Sonderkündigungsschutz hin zu prüfen. Zudem stellt der Berater angesammelte Arbeitszeit- und Urlaubsguthaben sowie Krankenstände dar. Besonders kostenintensive Regelungen, die die Gefahr eines sog. „Deal Breakers“ bergen, sind die in den Zielgesellschaften anwendbaren Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung. Diese sind daher besonders gründlich und bei Direktzusagen mit Blick auf Rückstellungen in den Bilanzen hin zu überprüfen.

Außerdem untersucht der Arbeitsrechtler alle Verträge mit natürlichen Personen darauf hin, ob freie Mitarbeiter tatsächlich selbstständig tätig sind oder gegebenenfalls Scheinselbstständigkeit vorliegt. Die Ergebnisse sind mit der Vertragsdurchführung – soweit bekannt oder ermittelbar – abzugleichen. Zudem sind die in den Betrieben tätigen Leiharbeitnehmer zu ermitteln und die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ist zu überprüfen.

Rechtsstreitigkeiten?

Schließlich nimmt der Berater die laufenden und innerhalb der letzten Jahre abgeschlossenen gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsstreitigkeiten unter die Lupe. Sie geben Auskunft über das Betriebsklima und strittige Punkte.

Blick in die Zukunft!

Während der gesamten Due Diligence muss der Berater immer im Blick behalten, welche den Unterlagen entnommenen Informationen für die Gestaltung des Kaufvertrags relevant sind. Außerdem sind während der Due Diligence bereits die Weichen für eine Integration der Zielgesellschaft zu stellen und Restrukturierungsmöglichkeiten zu prüfen. Eine erste Planung hierfür sollte schon während der Transaktionsphase erfolgen. Ein besonderes Augenmerk ist weiterhin darauf zu richten, ob das übergehende Unternehmen alleine „überlebensfähig“ ist oder aber ob der Veräußerer auch nach dem Übergangszeitpunkt noch Leistungen erbringen soll oder muss. Hier ist insbesondere an Leistungen im Bereich der IT oder der Personalabteilung zu denken.

Dr. Julia Christina König

Rechtsanwältin
Fach­an­wäl­tin für Arbeitsrecht
Counsel
Julia König berät Arbeitgeber sowohl zu Fragen des Arbeit­neh­mer­da­ten­schut­zes als auch im Umstruk­tu­rie­rungkontext. Besondere Expertise besitzt sie im Bereich von Unter­neh­men in kirchlicher Trä­ger­schaft sowie aus dem Gesund­heits­sek­tor.
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