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Kirche

Einsatz von Fremdpersonal in kirchlichen Einrichtungen

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Fremdpersonal in kirchlichen Einrichtungen

Der Einsatz von Fremdpersonal ist auch in kirchlichen Einrichtungen keine Seltenheit. So werden bspw. in Krankenhäusern, Altenpflegeheimen oder Kindertagesstätten Arbeiten auch durch Leiharbeitnehmer oder auf der Grundlage von Dienst- oder Werkverträgen erbracht. Diese kirchlichen Einrichtungen sind jedoch Ausdruck der Wesens- und Lebensäußerung der Kirche. Dem kirchlichen Dienst liegt das Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft zugrunde. Daraus folgt, dass kirchliche Einrichtungen nicht frei darüber entscheiden können, welche Leistungen sie selbst im Rahmen der Dienstgemeinschaft erbringen und welche Leistungen durch Dritte erbracht werden. Der Einsatz von Fremdpersonal darf nicht dazu führen, dass das Leitbild der kirchlichen Dienstgemeinschaft in Frage gestellt wird, wie zuletzt der Kirchengerichtshof der evangelischen Kirche in Deutschland entschieden hat (KGH.EKD v. 25.8.2014 – II-0124/W10-14).


Welche Tätigkeiten müssen daher von der kirchlichen Einrichtung selbst erbracht werden?

Im konkreten Fall hatte das Krankenhaus mit einem externen Unternehmen einen Dienstvertrag über die Erbringung von Patienten- und Stationsserviceleistungen abgeschlossen. Hierzu gehörte unter anderem die Aufnahme der Speisewünsche, die Getränke- und Speisenverteilung sowie die Erbringung von Reinigungsleistungen und sonstigen Serviceleistungen. Pflegerische Leistungen erbrachte das Krankenhaus hingegen selbst. Weitere Leistungen aus den Bereichen Pathologie/Histologie, sowie die Tätigkeiten im Labor, der Küche und der Wäscherei vergab das Krankenhaus wiederum an Dritte.

Der Kirchengerichtshof stellte zunächst fest, dass die evangelische Kirche der Gestaltung des kirchlichen Dienstes das Leitbild der christlichen Dienstgemeinschaft zugrunde gelegt hat. Daraus folge, dass eine kirchliche Einrichtung, anders als im weltlichen Bereich, nicht frei entscheiden könne, ob Daueraufgaben mit eigenen Arbeitnehmern, über Dienst- oder Werkverträge oder mit Leiharbeitern erledigt werden. Ein drittbezogener Personaleinsatz dürfe das Leitbild der kirchlichen Dienstgemeinschaft als Grundprinzip des kirchlichen Dienstes nicht in Frage stellen. Die Menschen begäben sich wegen dieses Leitbildes in eine kirchliche oder diakonische Einrichtung. Weiter heißt es, dass die Patienten darauf vertrauen, dass ihre Behandlung und Pflege von diesem Leitbild geprägt werde.

Der Kirchengerichtshof der evangelischen Kirche in Deutschland hat in seinem Beschluss vom 25. August 2014 festgehalten, dass auch kirchliche oder diakonische Einrichtungen Werk- oder Dienstverträge mit externen Unternehmen schließen können. So sei der Einsatz von Fremdpersonal in kirchlichen Einrichtungen nicht zu beanstanden, soweit die an Fremdfirmen vergebenen Leistungen mit der Erfüllung des kirchlichen Auftrags in Verkündung, Mission und Diakonie nicht unmittelbar zusammenhängen (KGH.EKD v. 25.8.2014 – II-0124/W10-14).

Was folgt aus dieser Entscheidung für die Praxis?

Der Kirchengerichtshof der evangelischen Kirche in Deutschland hat mit dem Beschluss vom 25. August 2014 seine Entscheidung vom 9. Oktober 2006 (II-0124/M35-06) bestätigt. Auch der Kirchliche Arbeitsgerichtshof der katholischen Kirche hat sich mit Urteil vom 7. Juni 2013 der Entscheidung des Kirchengerichtshofs vom 9. Oktober 2006 angeschlossen (M 22/12). Daher müssen kirchliche Einrichtungen beim Einsatz von Fremdpersonal in der Praxis folgende Grundsätze berücksichtigen:

Kirchlichen und diakonischen Dienstgebern ist das Institut der Leiharbeit nicht generell verschlossen. So dürfen die Dienstgeber zur Überbrückung kurzfristigen Beschäftigungsbedarfs wie bspw. bei Vertretungsfällen infolge Krankheit oder Urlaub oder bei kurz- bis mittelfristigen Beschäftigungsspitzen jederzeit Leiharbeitnehmer beschäftigen oder Aufgaben über Dienst- und Werkverträge extern vergeben. Daneben können in Krankenhäusern, Altenpflegeheimen oder Kindertagesstätten Aufgaben, wie bspw. der Betrieb einer Küche, die Reinigung eines Gebäudes oder die Vergabe von Handwerkerleistungen, auch dauerhaft an Dritte vergeben werden. Im konkret entschiedenen Fall sah es der Kirchengerichtshof jedoch als erwiesen an, dass die von dem externen Unternehmen beschäftigten Servicekräfte unmittelbar im Rahmen der Behandlung der Patienten tätig waren und patientenbezogene Aufgaben übernommen hatten. Die Servicekräfte erfüllten Aufgaben, die notwendig waren, um den Behandlungserfolg zu gewährleisten. Der Kirchengerichtshof führte hierzu aus, dass die Genesung der Patienten als Zweck der Dienststelle nicht nur durch unmittelbare medizinische oder pflegerische Behandlung erreicht werde. Vielmehr seien auch Unterbringung, Verpflegung und nicht-medizinische Betreuung und Versorgung Bestandteile einer erfolgreichen Behandlung. Auch begleitende Tätigkeiten wie Hilfestellungen bei der Einweisung und Entlassung, Anreichung von Speisen und Getränken sowie die Begleitung zu Operationen, seien Tätigkeiten, die den Charakter der Einrichtung aus Sicht der Patienten mitprägen und deshalb nur im Rahmen der Dienstgemeinschaft erbracht werden können.

Im Ergebnis wird man daher nicht pauschal feststellen können, welche Aufgaben an Fremdfirmen vergeben werden können. Vielmehr ist anhand des jeweiligen Zwecks der Dienststelle zu prüfen, ob Leistungen zur Ausgliederung anstehen, die mit der Erfüllung des kirchlichen Auftrags in Verkündung, Mission und Diakonie unmittelbar zusammenhängen oder nicht. Sind Aufgaben dem Kernbereich der jeweiligen kirchlichen Einrichtung zuzuordnen, dürfen diese Tätigkeiten nicht durch Mitarbeiter von Fremdfirmen erbracht werden, sofern es sich um Daueraufgaben handelt. Aufgaben, die nur vorübergehender Natur sind, können ohnehin durch Leiharbeitnehmer oder im Wege von Dienst- oder Werkverträgen erbracht werden.

Dr. Alexander Ulrich 

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht / Abogado (Madrid)
Partner
Alexander Ulrich besitzt besondere Expertise in der grenz­über­grei­fen­den arbeits­recht­li­chen Beratung inter­na­tio­na­ler Unter­neh­men und Private-Equity-Häuser in Zusam­men­hang mit Umstruk­tu­rie­run­gen, Ver­la­ge­run­gen und Unter­neh­mens­käu­fen. Des Weiteren verfügt er über jahrelange Erfahrung in der Beratung von Vorständen und Geschäfts­füh­rern und besondere Bran­chen­kennt­nisse im Healthcare-Sektor sowie im kirchlichen Arbeitsrecht. Er ist Mitglied der Fokusgruppe "Private Equity / M&A".
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