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Internationales Arbeitsrecht United Kingdom

Folgen eines „Brexit“ #3 – Unmittelbarer Handlungsbedarf?

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Folgen eines "Brexit" #3 - Unmittelbarer Handlungsbedarf

In der Beitragsreihe „Folgen eines Brexit“ finden Sie eine Übersicht dazu, welche Änderungen sich aus Sicht des Vereinigten Königreiches in verschiedenen für die Personalarbeit relevanten Bereichen ergeben könnten. Wir haben hierzu mehrere Beiträge unserer ius laboris-Allianzkanzlei Lewis Silkin angesichts der enormen praktischen Relevanz für international agierende Unternehmen ins Deutsche übersetzt. In Teil 3 der Serie befasst sich Andrew Osborne, Partner bei Lewis Silkin, mit etwaigem unmittelbarem Handlungsbedarf nach dem „Brexit“-Votum.

Brexit: Was geschieht nach dem Votum der Briten für den EU-Austritt?

Die Briten haben sich am 23. Juni 2016 mehrheitlich für den Austritt aus der Europäischen Union ausgesprochen. Vorerst ändert sich für Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedoch nichts. Das Referendum selbst besitzt keinerlei rechtlich bindende Wirkung, sondern gibt lediglich den erklärten Willen der Stimmberechtigten wieder. Um tatsächlich aus der EU auszutreten, müsste die britische Regierung den Austrittsmechanismus nach Artikel 50 des Vertrages über die Europäische Union von 2009 in Gang setzen. Dazu wäre der Europarat über den Rückzug der Briten zu informieren. David Cameron hat am Morgen des 24. Juni 2016 verkündet, dass er in drei Monaten zurücktreten werde. Er wies darauf hin, dass er den Austritt nach Artikel 50 jedoch vorerst nicht einleiten wolle. Daher bleibt es seinem Nachfolger überlassen, den Austrittsprozess aus der EU anzustoßen.

Nach der Benachrichtigung des Europarates haben EU und das Vereinigte Königreich zwei Jahre Zeit, um eine Austrittsvereinbarung auszuhandeln. Dabei sind „die Rahmenbedingungen der künftigen Beziehungen mit der Union“ zu berücksichtigen. Sollte bis Ende der Zweijahresfrist kein alternatives Abkommen geschlossen worden sein, so läuft die EU-Mitgliedschaft des Königreichs schlicht aus (sofern Europarat und Großbritannien sich nicht auf eine Verlängerung des Zweijahreszeitraums einigen).

Solange die Verhandlungen aber laufen, bleibt das Vereinigte Königreich weiterhin EU-Mitglied und alles läuft weiter wie bisher. Arbeitnehmerrechte und Freizügigkeit innerhalb der EU bleiben bestehen. Für die Briten gelten weiterhin die Reisefreiheit und das Recht, in der übrigen EU zu arbeiten. EU-Bürger haben ihrerseits das Recht, sich in Großbritannien niederzulassen und dort einer Beschäftigung nachzugehen. Die Freizügigkeit gilt für beide Seiten, bis der juristische Prozess des EU-Austritts abgeschlossen ist.

Wird der Austritt dann tatsächlich rechtskräftig, so besteht die (politisch aber eher unwahrscheinliche) Möglichkeit, dass EU und Briten die Freizügigkeit dennoch beibehalten. Das Vereinigte Königreich könnte mit der EU insgesamt oder aber nur mit einzelnen Mitgliedsländern Verhandlungen hierüber führen (auch dies ist jedoch aus politischer Sicht eher unwahrscheinlich). Nach dem letztgenannten Verfahren hätten nur die Bürger der Staaten, mit denen die Freizügigkeit erneut ausgehandelt wird, das Recht, visumfrei im Vereinigten Königreich zu arbeiten. Gleiches würde unter umgekehrten Vorzeichen für die Briten gelten.

Sollte das Vereinigte Königreich indes die EU verlassen und keine Freizügigkeitsrechte aushandeln, so müssten EU-Bürger nach britischem Einwanderungsrecht (Immigration Rules) ein Visum beantragen. Die in der EU lebenden Briten müssten ihrerseits Visa beantragen, um weiterhin in den EU-Ländern arbeiten zu können. Die Anwendung der Einwanderungsgesetze, die aktuell nur für Bürger von Drittstaaten gelten, auf Arbeitnehmer aus EU und Vereinigtem Königreich wäre für internationale Arbeitgeber eine kostspielige Angelegenheit. Die Anwerbung eines Facharbeiters mit zwei Angehörigen für fünf Jahre kostet im Vereinigten Königreich derzeit 6.652 £ und würde sich auf 11.652 £ verteuern, wenn die Immigration Skills Charge am 17. April 2017 in Kraft tritt.

Gering qualifizierte Arbeitnehmer dürften die Anforderungen für Arbeitsvisa für das Vereinigte Königreich hingegen kaum erfüllen. Daher besteht im Falle eines Brexit die Gefahr, dass es zu einem Arbeitskräftemangel in diesem Segment kommt. Für Arbeitgeber entstünden dann höhere Kosten für die Personalanwerbung.

Das von der EU abgeleitete Arbeitsrecht behält auch im Vereinigten Königreich weiterhin seine Gültigkeit, bis es von der dortigen Regierung explizit außer Kraft gesetzt wird.

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