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Kündigung, allgemein Prozessrecht

Diener zweier Herren – Folgen einer unwirksamen Kündigung

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Zwei Kündigungen

Während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses ist der Arbeitnehmer gehalten, sich eine andere zumutbare Arbeit zu suchen. Besteht das alte Arbeitsverhältnis nach der Entscheidung des Gerichts fort, kommt es zu einer Kollision zwischen altem und neuem Arbeitsverhältnis. Welche Folgen hat dies und was hat der „alte“ Arbeitgeber in einem solchen Fall zu beachten?

Bis zur rechtskräftigen Entscheidung, ob eine Kündigung wirksam ist oder nicht, vergeht bisweilen viel Zeit. Während der Dauer des Kündigungsschutzprozesses ist der Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner Schadensminderungsobliegenheit gehalten, sich eine andere zumutbare Arbeit zu suchen (vgl.  § 11 Nr. 2 KSchG, § 615 S. 2 BGB). Kommt der Arbeitnehmer dieser Obliegenheit nach und geht in der Zwischenzeit ein neues Arbeitsverhältnis ein, kommt es zu einem Interessenkonflikt, wenn nach der Entscheidung des Gerichts das alte Arbeitsverhältnis fortbesteht. Aus Arbeitnehmersicht wird dieser Konflikt bei Anwendbarkeit des KSchG durch die Regelung des § 12 KSchG gelöst. Demnach steht dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zwischen dem alten und dem neuen Arbeitsverhältnis zu. Dann fragt sich jedoch, welche Folgen sich in diesem Fall für den Arbeitgeber ergeben, der den Kündigungsschutzprozess verloren hat. Dies soll im Folgenden näher erläutert werden.

Situation 1: Arbeitnehmer möchte altes Arbeitsverhältnis fortsetzen

Entscheidet sich der Arbeitnehmer für die Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses, ergeben sich hieraus für den Arbeitgeber folgende Konsequenzen:

Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers aus Annahmeverzug

Der Arbeitnehmer hat gegen seinen alten Arbeitgeber regelmäßig einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses. Dabei muss er sich allerdings dasjenige anrechnen lassen, was er bei seinem neuen Arbeitgeber verdient hat. Die Differenz ist von dem alten Arbeitgeber auszugleichen.

Für die Zeit nach dem Kündigungsschutzprozess gilt Folgendes: Um den Annahmeverzug möglichst bald zu beenden, muss der alte Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Arbeitsaufnahme auffordern. Da sich der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt noch in einem anderen Arbeitsverhältnis mit seinem neuen Arbeitgeber befindet, wird er dieser Aufforderung nicht umgehend nachkommen können. An der Verpflichtung des alten Arbeitgebers zur Zahlung von Annahmeverzugslohn ändert dies jedoch zunächst nichts, denn dieser hat durch seine unwirksame Kündigung das Unvermögen des Arbeitnehmers selbst herbeigeführt.

Allerdings ist der Arbeitnehmer nach Aufforderung des alten Arbeitgebers zur Arbeitsaufnahme und Ablauf der Wochenfrist des § 12 S. 1 KSchG dazu verpflichtet, sein neues Arbeitsverhältnis unverzüglich ordentlich zu kündigen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, fehlt es an dem für einen Annahmeverzug erforderlichen Leistungswillen und der Annahmeverzug endet. Ein fehlender Leistungswille kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch dann angenommen werden, wenn der Arbeit-nehmer mit seinem neuen Arbeitgeber eine unverhältnismäßig lange Kündigungsfrist vereinbart hat.

Mögliche Folgekündigung, wenn der Arbeitnehmer seine Zwischenbeschäftigung nicht kündigt

Der Arbeitnehmer handelt vertragswidrig, wenn er nach Aufforderung des alten Arbeitgebers den sich aus den beiden bestehenden Arbeitsverhältnissen ergebenden Konflikt nicht zeitnah auflöst. Eine Pflichtverletzung seitens des Arbeitnehmers liegt jedoch erst dann vor, wenn die für das neue Arbeitsverhältnis geltende ordentliche Kündigungsfrist verstrichen ist und der Arbeitnehmer seine alte Arbeitsstelle nicht wieder angetreten hat. In diesem Fall kommt nach vorheriger Abmahnung eine ordentliche Kündigung in Betracht; bei dauerhafter Arbeitsverweigerung auch eine außerordentliche.

Eine ordentliche Kündigung kann auch dann unter Umständen verhaltens- oder betriebsbedingt sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer mit dem neuen Arbeitgeber eine übermäßig lange ordentliche Kündigungsfrist vereinbart hat. Entscheidend sind hier die Umstände des Einzelfalles.

Situation 2: Arbeitnehmer möchte altes Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen

Möchte der Arbeitnehmer das alte Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen und erklärt dies gegenüber seinem alten Arbeitgeber gemäß § 12 S. 1 KSchG, sind die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen relativ unproblematisch: Der Arbeitnehmer hat zwar auch in diesem Fall einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gegen seinen alten Arbeitgeber, dieser wird jedoch nach der Vorschrift des § 12 S. 4 KSchG begrenzt. Demnach kann der Arbeitnehmer von seinem alten Arbeitgeber Annahmeverzugslohn nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Eintritt in das neue Arbeitsverhältnis verlangen.

Fazit

Der Arbeitgeber sollte zur Vermeidung weiterer Nachteile nach einem verlorenen Kündigungsschutzprozess den Arbeitnehmer zeitnah zur Arbeitsaufnahme auffordern. Andernfalls kann der Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht beendet werden mit der Folge, dass die Lohndifferenz zwischen dem alten Arbeitsverhältnis und dem neuen Arbeitsverhältnis unbegrenzt auszugleichen ist. Darüber hinaus kann ohne Arbeitsaufforderung auch keine (Folge-)Kündigung wegen Leistungsverweigerung des Arbeitnehmers erklärt werden.

Eva-Maria Eutermoser


Rechtsanwältin
Associate
Eva Eutermoser ist seit 2019 für KLIEMT.Arbeitsrecht in München tätig. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt auf der Beratung von Arbeitgebern bei Restrukturierung- und Harmonisierungsprojekten sowie in der gerichtlichen wie außergerichtlichen Vertretung von Arbeitgebern.
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