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Allgemein

Vorstandsvergütung im Lichte des neuen DCGK

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Nach mehrmonatiger Konsultations- und Beratungsphase ist am 9. Mai 2019 die neue Fassung des Deutschen Corporate Governance Kodex beschlossen worden. Angesichts der hohen Bedeutung des DCGK für börsennotierte Aktiengesellschaften und der überwiegend kritischen Anmerkungen zum Änderungsentwurf (vgl. hierzu den Blog-Beitrag des Kollegen Prof. Dr. Michael Kliemt) war mit Spannung erwartet worden, wie der neue DCGK tatsächlich ausgestaltet sein würde. Insbesondere die geplanten Vorgaben für die Vergütung von Vorstandsmitgliedern standen in der Kritik.

Welche wesentlichen Regelungen zur Vorstandsvergütung nun in der finalen Kodexfassung enthalten sind, zeigt dieser Beitrag.

Hoher Detaillierungsgrad bleibt

Zunächst einmal fällt auf, dass die Kodexkommission die Regelungen zur Vorstandsvergütung verschlankt hat. Waren zunächst 24 Grundsätze, Empfehlungen und Anregungen im Entwurf vorgesehen, beschränkt sich der neue Kodex auf 17. Gleichwohl nimmt die Vergütung von Vorstandsmitgliedern damit nach wie vor bereiten Raum im Kodex ein.

Stärkere Verflechtung mit dem Aktiengesetz

Künftig wird die Vergütung von Vorstandsmitgliedern ausgehend von einem Vergütungssystem ausgestaltet werden müssen, über das die Hauptversammlung der AG (nach derzeitigem Gesetzesentwurf voraussichtlich nur beratend) beschließt. Regelungen hierzu werden sich im Aktiengesetz finden, zu dessen Reform nach wie vor das Gesetzgebungsverfahren läuft. Die Frist zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (10.6.2019) hat der Gesetzgeber bereits überschritten.

Im Vergütungssystem sollen bereits grundlegende Vorgaben wie die Relation von fester zu variabler Vergütung aber auch Leistungskriterien für die Erzielung variabler Vergütungen festgelegt werden.

Doppelte Begrenzung der Gesamtvergütung

Auf dieser Basis sieht der künftige DCGK vor, dass der Aufsichtsrat für jedes Vorstandsmitglied eine Ziel-Gesamtvergütung (bei 100 % Zielerreichung) und eine Maximal-Gesamtvergütung (bei Übererfüllung der Ziele) festlegt. Die Vergütung soll in einem angemessenen Verhältnis zu Leistungen und Aufgaben des Vorstandsmitglieds sowie zur Lage des Unternehmens stehen und sich im Rahmen des Üblichen bewegen. Der Kodex sieht nun ausdrücklich vor, dass sich die Üblichkeit u.a. auch aus einem Vergleich mit der Vergütung in anderen Unternehmen ergeben soll.

Kodexkommission rudert zurück: langfristig variable Vergütung nicht ausschließlich in echten Aktien

Auch sonst sind die Vorgaben für die variable Vergütung ausdifferenzierter als bisher. Ausdrücklich festgelegt ist, dass der Anteil der langfristig variablen Vergütung den der kurzfristig variablen Vergütung übersteigen soll. Von der viel kritisierten Regelung, dass die kurzfristig variable Vergütung in bar und die langfristig variable Vergütung ausschließlich in Aktien der Gesellschaft gewährt werden soll, hat die Kodexkommission in Teilen Abstand genommen. Regelungen zur Gewährung der kurzfristig variablen Vergütung finden sich im Kodex nicht mehr. Langfristig variable Vergütungsbeträge sollen nur noch „überwiegend in Aktien der Gesellschaft angelegt oder entsprechend aktienbasiert gewährt werden.“ Diese Vorgabe dürfte weitaus stärker den derzeit in den Gesellschaften bestehenden Vergütungssystemen entsprechen als die Gewährung der langfristigen Vergütung ausschließlich in echten Aktien. So dürfte die Gewährung der langfristig variablen Vergütung in virtuellen Aktien wie bisher dem DCGK entsprechen. Im Vergleich zum Änderungsentwurf hält der neue DCGK aber unverändert daran fest, dass das Vorstandsmitglied über die langfristig variablen Gewährungsbeträge nicht vor dem Ablauf von vier Jahren verfügen können soll.

Clawback-Klauseln sollen Bestandteil von Vorstandsdienstverträgen sein

Neu ist ebenfalls die Empfehlung an Aufsichtsräte, in Vorstandsverträge Klauseln aufzunehmen, die einen Einbehalt oder die Rückforderung variabler Vergütungsbestandteile gestatten (sog. Clawback-Klauseln). Damit soll außergewöhnlichen Entwicklungen der Gesellschaft Rechnung getragen werden können.

Vereinzelte Neuerungen auch bei vorzeitigem Ausscheiden

Der neue DCGK sieht bei vorzeitigem Ausscheiden eines Vorstandsmitglieds in der Sache unverändert einen Abfindungs-Cap bei zwei Jahresvergütungen bzw. in Höhe der Vergütung für die Restlaufzeit des Vorstandsvertrages vor. Statt einer bloßen Anregung empfiehlt der Kodex aber nunmehr, offene variable Vergütungsbestandteile anlässlich der Vertragsbeendigung nicht vorzeitig, sondern nach den vertraglich festgelegten Bestimmungen auszubezahlen. Gänzlich neu im DCGK ist die Empfehlung, dass Abfindungen künftig auf die Karenzentschädigung für Wettbewerbsenthaltung angerechnet werden sollen.

Leistungen anlässlich eines Change of Control sollten nicht vereinbart werden

Festgehalten hat die Kodexkommission auch an der im Konsultationsverfahren vielfach kritisierten Neuerung, dass Leistungen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung anlässlich eines Change of Control nicht vereinbart werden sollten. Angesichts der Vielzahl an Vorstandsverträgen, die CoC-Klauseln enthalten, dürfte diese Regelung nicht der derzeitigen „best practise“ entsprechen. Ob sich diese Anregung, deren Nichtbefolgung eine Abweichungserklärung gem. § 161 AktG nicht erfordert, tatsächlich in der Praxis durchsetzen wird, erscheint daher fraglich.

Praxisfolgen

Im Zusammenspiel mit den zu erwartenden Veränderungen des Aktiengesetzes werden börsennotierte Aktiengesellschaften ihre Vergütungsregelungen für Vorstandsmitglieder überarbeiten und jedenfalls im Detail anpassen müssen. Unmittelbar ihre Vergütungspraktiken anpassen müssen Gesellschaften zum derzeitigen Zeitpunkt indes noch nicht. Der neue DCGK ist noch nicht in Kraft getreten. Die Kodexkommission wird den neuen DCGK erst nach Inkrafttreten des veränderten Aktiengesetzes zur Veröffentlichung beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz einreichen. Die Kodexkommission hat sich in ihrem Beschluss sogar das Hintertürchen offen gelassen, den neuen DCGK nochmals an die neue Fassung des Aktiengesetzes anzupassen. Die weiteren Entwicklungen bleiben also abzuwarten. Wir werden Sie weiterhin auf dem Laufenden halten.

Thorsten Lammers

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Senior Associate
Thorsten Lammers berät vor allem zu Kündigungsschutzverfahren, in der Gestaltung von Anstellungs-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträgen sowie zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen. Er ist Mitglied der Fokusgruppen "Betriebliche Altersversorgung" und "Aufsichtsratsberatung".
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