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Corona Kurzarbeit

„Alternative Maßnahmen zur Kurzarbeit in Zeiten von Corona“ – Teil 3: „Lohn und sonstige Gehaltsbestandteile“

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In Teil 1 unserer Reihe „Alternative Maßnahmen zur Kurzarbeit in Zeiten von Corona“ haben wir erläutert, unter welchen Voraussetzungen die Personalpartnerschaft eine erfolgreiche Alternative zu Kurzarbeit in Zeiten der Coronakrise darstellt. Teil 2 befasst sich in diesem Zusammenhang mit Themen rund um die Ruhestellung und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu Krisenzeiten. In Teil 3 unserer Reihe „Alternative Maßnahmen zur Kurzarbeit in Zeiten von Corona“ beschäftigen wir uns mit der Frage, inwieweit die Anpassung von Lohn und Gehalt dabei helfen kann, die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise bestmöglich abfedern zu können.

Reduzierung der Vergütung grundsätzlich nur einvernehmlich möglich

Trotz der im Einzelfall starken wirtschaftlichen Einbußen durch die Corona-Pandemie kann der Arbeitgeber nicht einseitig die Reduzierung der Vergütung durch z.B. Verringerung des Stundenlohns per Weisung durchsetzen, auch nicht für einen begrenzten Zeitraum. Dies ist (abgesehen von dem Ausspruch einer Änderungskündigung, die ausschließlich in eng umgrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommt) nur durch eine einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen möglich. Solch eine Vereinbarung wird mit den Arbeitnehmern allerdings meist nur dann zu erzielen sein, wenn hierfür zusätzliche Anreize geschaffen werden, wie z.B. der Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen für einen gewissen Zeitraum.

Stundung von Vergütungszahlungen

Zur vorübergehenden Entlastung des Arbeitgebers kann vereinbart werden, dass die Vergütungszahlungen für einen gewissen Zeitraum gestundet werden. Hierdurch entfällt der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers nicht, lediglich der Zeitpunkt der Fälligkeit bzw. Auszahlung wird nach hinten verschoben. Zu beachten sind hierbei die Regelungen des Mindestlohngesetzes. Arbeitgeber und Arbeitgeber können keine Vereinbarungen abschließen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen. In der Praxis sollte daher in Erwägung gezogen werden, eine teilweise Stundung bis zur Grenze des gesetzlichen Mindestlohns zu vereinbaren bzw. den spätesten Fälligkeitstermin des Mindestlohns (letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde) nicht zu überschreiten.

Unbezahlter Urlaub

Als weitere Maßnahme neben der einvernehmlichen Reduzierung der Vergütung bzw. Stundung des Gehalts, kommt auch die Vereinbarung über unbezahlten Urlaub in Betracht. Hierdurch ist es möglich, kurzfristig und für einen klar definierten Zeitraum (je nach Einzelfall für ein paar Wochen oder sogar nur Tage) die Personalkosten zu reduzieren und ansonsten das Arbeitsverhältnis wie bisher weiterlaufen zu lassen. Die rechtliche Folge eines unbezahlten Urlaubs ist das Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Werden die Sozialversicherungsbeiträge länger als ein Monat nicht gezahlt, droht für den Arbeitnehmer allerdings der Verlust des Versicherungsschutzes. Hierauf hatten wir in Teil 2 unserer Reihe bereits hingewiesen.

Einbehalten variabler Vergütungsbestandteile

Sofern mit den Arbeitnehmern Tantieme (an den Erfolg des Unternehmens geknüpft) oder Provisionen (an den Erfolg des einzelnen Arbeitnehmers geknüpft) vereinbart sind, können diese von dem Arbeitgeber einbehalten werden, wenn durch die Coronakrise die vereinbarten Erfolgsziele nicht erreicht und dadurch ein Anspruch auf Zahlung der variablen Vergütungsbestandteile nicht entstanden ist. Zu beachten sind hierbei die arbeitsvertraglichen Regelungen im Einzelfall. Sofern mit dem Arbeitnehmer ein Bonus vereinbart ist, der im billigem Ermessen des Arbeitgebers liegt und sich sowohl nach der individuellen Zielerreichung als auch nach dem Teamverhalten und dem Erfolg des Arbeitgebers richtet (d.h. Anknüpfung an individuellen Erfolg und Unternehmenserfolg), kann in besonderen Krisenzeiten selbst bei persönlicher Zielerreichung durch den Arbeitnehmer eine arbeitgeberseitige Leistungsbestimmung auf „Null“ rechtmäßig sein. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einer wegweisenden Entscheidung (BAG, Urteil vom 20.3.2013, 10 AZR 8/12) im Zusammenhang mit der Bankenkrise 2008/2009 entschieden. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Fall war der Arbeitgeber nur deswegen einer Insolvenz entgangen, weil ihm staatliche Finanzhilfen zugutekamen. Da die Folgen der Coronakrise zumindest in manchen Wirtschaftszweigen womöglich ähnlich einschneidend sein werden wie für den Bankensektor in den Jahren 2008/2009, ist anzunehmen, dass die beschrieben Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch in Zeiten von Corona zur Anwendung kommen dürften.

Dienstwagennutzung in Krisenzeiten

Als sonstiger Gehaltsbestandteil ist auch der Dienstwagen näher zu betrachten. Sofern der Arbeitnehmer wegen der Coronakrise freigestellt ist bzw. sich im (unbezahlten) Urlaub befindet, wird der Arbeitgeber ihn grundsätzlich nicht daran hindern können, den Dienstwagen auch weiterhin zu nutzen, sofern eine Privatnutzung vereinbart ist. Eine Möglichkeit der Entziehung des Dienstwagens in Freistellungszeiten besteht allerdings, sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer für diesen Fall einen Widerrufsvorbehalt vereinbart haben. Dies ist individuell im Arbeitsvertrag oder auch in der jeweils anwendbaren Dienstwagenrichtlinie des Arbeitgebers möglich. Solche Widerrufsvorbehalte sind allerdings im Einzelfall auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen, insbesondere im Zusammenhang mit den Regelungen über allgemeine Geschäftsbedingungen.

Anspruch von Managern auf Bezüge in Krisenzeiten

Auch an den Bezügen von Geschäftsführern einer GmbH bzw. Vorstandsmitgliedern einer AG geht die Coronakrise nicht spurlos vorbei. In den Medien kursieren bereits Berichte, wonach Topmanager weltweit agierender Konzerne auf Teile ihrer Vergütung verzichten, um den Schaden ihres Unternehmens zu verringern. Aber auch unabhängig vom freiwilligen Verzicht auf Vergütung gibt es klare Regeln im AktG, die in Krisenzeiten auf die Bezüge von Vorständen Anwendung finden. So regelt § 87 Abs. 2 AktG, dass die Bezüge der Vorstandsmitglieder einer AG auf eine angemessene Höhe herabgesetzt werden können, sofern sich die Lage der Gesellschaft nach Festlegung der Bezüge so gravierend verschlechtert, dass die Weitergewährung der Bezüge unbillig für die Gesellschaft wäre. Diese Herabsetzung ist an keinen bestimmten Turnus gebunden und kann unmittelbar erfolgen, sofern das Regelungsregime zwischen Gesellschaft und Organ (insbesondere Geschäftsordnung, Anstellungsvertrag) keine entgegenstehenden Regelungen beinhaltet. Eine Verschlechterung der Lage wird nach den Gesetzesmaterialien dann anzunehmen sein, wenn die Gesellschaft Entlassungen oder Lohnkürzungen vornehmen muss und keinen Gewinn mehr ausschütten kann. Auch eine unmittelbare Krise soll diesen Tatbestand erfüllen. Die Unbilligkeit der Weitergewährung sowie das Maß der Herabsetzung der Bezüge bedürfen sodann der Betrachtung im Einzelfall. Auch wenn § 87 Abs. 2 AktG ausdrücklich nur für Vorstandsmitglieder einer AG gilt, so hat das OLG Düsseldorf (Urteil vom 2.12.2011 – 16 U 19/10) einen vergleichbaren Grundsatz der Verringerung von Bezügen bei Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage einer GmbH aus der Treuepflicht des Geschäftsführers hergeleitet.

Fazit

Das Arbeitsrecht hält eine Vielzahl von Maßnahmen bereit, die neben der Kurzarbeit in Betracht kommen um Personalkosten (vorübergehend) zu reduzieren und die wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers zu Zeiten der Coronakrise abzumildern. Einige dieser Maßnahmen können zwar nicht einseitig umgesetzt werden und bedürfen einer Vereinbarung mit den Arbeitnehmern. Letztere dürften allerdings mit Blick den Erhalt der Arbeitsplätze daran interessiert sein, im Rahmen ihrer Möglichkeiten an einer wirtschaftliche Entlastung ihres Arbeitgebers mitzuwirken.

Dr. Markus Bohnau

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Partner
Markus Bohnau berät Unter­neh­men aller Branchen insbesondere zu kollektivarbeits­recht­li­chen Themen und verhandelt mit Betriebs­rä­ten sowie Gewerk­schaf­ten, ins­be­son­dere bei (Post-Merger) Umstruk­tu­rie­run­gen und Out­sour­cing-Projekten - auch grenzüberschreitend. Weitere Schwer­punkte sind die arbeits­recht­li­che Begleitung von Trans­ak­tio­nen (inkl. Due Diligence und Har­mo­ni­sie­rung von Arbeits­be­din­gun­gen) sowie die arbeits­recht­li­che Beratung im Profisport, vor allem bei Transfers im Berufs­fuß­ball.
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