Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn ist in Zusammenarbeit mit den für die Berufsausbildung zuständigen Stellen für die jährliche Erhebung der Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30. September eines jeden Jahres zuständig. Für den Zeitraum vom 1. Oktober 2016 bis zum 30. September 2017 konnte das BIBB den Abschluss von insgesamt 533.290 Ausbildungsverträgen in Deutschland melden. Doch nicht immer endet jedes dieser Ausbildungsverhältnisse mit einer erfolgreichen Abschlussprüfung. Eine vorzeitige Beendigung durch Kündigung des Ausbildungsverhältnisses ist manchmal unausweichlich. Nicht selten kommt es nach dem Ausspruch einer Kündigung zu rechtlichen Auseinandersetzungen vor dem Schlichtungsausschuss oder dem Arbeitsgericht. Anlass genug, sich einen Überblick über die wesentlichen Besonderheiten bei der Kündigung von Ausbildungsverhältnissen insbesondere durch den Ausbildenden zu verschaffen.
Art der Kündigung
Zum Schutz des Auszubildenden und aufgrund des Gedankens, dass hinter einem Ausbildungsverhältnis auch ein Erziehungsverhältnis steht, ist eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses strenger als die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses reglementiert. Zentrale Ausgangsnorm bei der Kündigung von Ausbildungsverhältnissen ist § 22 Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Die Frage, welche Art der Kündigung der Ausbildende aussprechen darf, ist davon abhängig, ob die Kündigung noch während der vereinbarten Probezeit oder nach Ablauf der Probezeit erfolgen soll.
Während der Probezeit, die nach § 20 BBiG mindestens einen Monat, maximal vier Monate umfassen darf, ist eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Ausbildenden jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist möglich (§ 22 Abs. 1 BBiG). Entgegen des Wortlauts hält das BAG eine Kündigung während der Probezeit für eine ordentliche entfristete Kündigung. Dies hat auch zur Folge, dass ein Betriebsrat, der nach § 5 BetrVG auch für die zur Berufsausbildung Beschäftigten zuständig ist, zu einer ordentlichen Kündigung angehört werden muss (vgl. BAG, Urteil vom 10. November 1988 – 2 AZR 26/88).
Nach Ablauf der Probezeit kann ein Ausbildender das Ausbildungsverhältnis nach § 22 Abs. 2 BBiG nur noch aus wichtigem Grund, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, kündigen. Die ordentliche Kündigung ist zu diesem Zeitpunkt nur noch dem Auszubildenden unter Einhaltung einer Vier-Wochen-Frist vorbehalten. Dies aber nur, wenn der Auszubildende erklärt, seine Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen zu wollen. Inwieweit die Ernsthaftigkeit einer solchen Erklärung des Auszubildenden nachgeprüft werden kann, ist fraglich, soll jedoch an dieser Stelle dahingestellt bleiben.
Form der Kündigung
Nach § 22 Abs. 3 BBiG bedarf die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses, ebenso wie die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses nach § 623 BGB, der Schriftform. Wichtig und oft in der Praxis missachtet, wird der Begründungszwang. In einem Kündigungsschreiben, das nach Ablauf der Probezeit erstellt wird, muss zwingend der Grund, der zur Kündigung des Ausbildungsverhältnisses geführt hat, angegeben sein. Ein Verstoß gegen den gesetzlich vorgeschriebenen Begründungszwang führt zur Nichtigkeit der Kündigung nach § 125 BGB. Die für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen müssen konkret mitgeteilt werden. Pauschale Schlagworte, wie „Störung des Betriebsfriedens“, reichen nicht aus. Eine nachträgliche Mitteilung der Kündigungsgründe oder das Nachschieben von Gründen im Prozess ist unzulässig und heilt den Mangel nicht.
Kündigungserklärungsfrist
Nach Ablauf der Probezeit ist für den Ausbildenden nur noch eine außerordentliche fristlose Kündigung möglich. Hier ist nach § 22 Abs. 4 Satz 1 BBiG, ebenso wie bei Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, eine Kündigungserklärungsfrist von zwei Wochen zu beachten. Kündigt der Ausbildende einem minderjährigen Auszubildenden, muss das Kündigungsschreiben dem gesetzlichen Vertreter innerhalb dieser Kündigungserklärungsfrist mit Angabe der Kündigungsgründe zugehen.
Schlichtungsverfahren vor Arbeitsgerichtsverfahren als Regelfall
Zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen dem Ausbildenden und dem Auszubildenden aus dem Ausbildungsverhältnis ist vor Anrufung des Arbeitsgerichts im Regelfall ein Schlichtungsverfahren vorgeschaltet. Eine direkt erhobene Klage ohne Durchführung eines Schlichtungsverfahrens vor dem paritätisch besetzten Ausschuss ist unzulässig.
Besteht ausnahmsweise kein Ausschuss bei der zuständigen Stelle, so hat der Auszubildende nach Ansicht des BAG die Klagefrist nach §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu beachten, um die Fiktion einer wirksamen Kündigung zu vermeiden. (BAG, Urteil vom 5. Juli 1990 – 2 AZR 53/90)
Die Anrufung des Schlichtungsausschusses ist nach Auffassung des BAG hingegen nicht fristgebunden. Nach Zugang der Kündigung ist bei Einleitung des Schlichtungsverfahrens durch den Auszubildenden lediglich die Grenze der Verwirkung zu beachten (BAG, Urteil vom 26. Januar 1999 – 2 AZR 134/98).
Im Ergebnis führt dies zu einer mitunter wenig nachvollziehbaren Differenzierung hinsichtlich der Anwendbarkeit der Klagefrist nach §§ 4, 13 KSchG, je nachdem, ob in dem jeweiligen Bezirk ein Schlichtungsausschuss eingerichtet ist oder nicht.
Praxishinweis
Die Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses dürfte nicht zum Tagesgeschäft eines Personalleiters gehören. Umso wichtiger ist es, die wesentlichen Besonderheiten, die es aus Sicht des ausbildenden Unternehmens zu beachten gilt, im Hinterkopf zu behalten.