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Die To-Do Liste für Arbeitgeber zum Jahresende – Was noch bis zum 31.12.2019 zu erledigen ist

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Das Jahr neigt sich mal wieder dem Ende zu. Die besinnliche Adventszeit hat begonnen. Doch für Arbeitgeber wird diese Zeit noch einmal sehr arbeitsintensiv. Denn einige Aufgaben müssen bis zum Jahreswechsel erledigt sein. Welche dies sind, erfahren Sie hier:

Variable Vergütung

Viele Arbeitgeber gewähren ihren Arbeitnehmern zusätzlich zum Festgehalt eine variable Vergütung in Form eines Bonus oder einer Provision. Rechtsgrundlagen für solche Bonus-/Provisionsansprüche können der Arbeitsvertrag, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen oder eine betriebliche Übung sein. Im Allgemeinen wird die variable Vergütung nicht monatlich ausgezahlt, sondern erstreckt sich über einen längeren Bezugszeitraum, der meist das jeweilige Geschäftsjahr abbildet (Achtung: ist nicht zwingend gleichbedeutend mit dem Kalenderjahr) oder an das Kalenderjahr gekoppelt ist. Die Arbeitnehmer partizipieren häufig anteilig an den während dieses Bezugszeitraums erreichten Unternehmenserfolgen. Gewährt der Arbeitgeber hingegen einen Bonus, wird die variable Vergütung anhand von erreichten Leistungszielen für jeden Arbeitnehmer individuell errechnet. Die Ziele sind daher rechtzeitig zu Beginn des neuen Bezugszeitraums im Rahmen einer Zielvereinbarung festzulegen. Dem Arbeitgeber kommt hierbei generell ein weiter Ermessensspielraum zu, der sich jedoch an den Vorgaben des § 315 Abs. 1 BGB, dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Diskriminierungsverbot messen lassen muss.

Sofern der Bezugszeitraum also das Kalenderjahr ist, ist es jetzt an der Zeit, Ziele für 2020 festzulegen. Spätestens in den ersten Wochen des Jahres 2020 wird dies in der Regel abgeschlossen sein müssen. Denken Sie aber auch daran, die Mitbestimmungsrechte ihres Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nrn. 10 und 11 BetrVG zu beachten und diesen ausreichend zu beteiligen. Werden keine Ziele vereinbart oder nur verspätet festgelegt, kommt ein Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen entgangener Bonuszahlung in Betracht. Hier wird letztlich eine 100 %-ige Zielerreichung unterstellt werden müssen. Wichtig ist es daher, dass der Arbeitgeber nachweisen kann, dass er den Arbeitnehmer rechtzeitig über die Ziele informiert hat. Die Zustimmung des Arbeitnehmers ist dabei grundsätzlich nicht erforderlich. Sieht jedoch der aufgestellte Bonusplan vor, dass die Ziele einvernehmlich festgelegt werden, sollte der Arbeitgeber sicherstellen, dass der Arbeitnehmer seine Ziele schriftlich akzeptiert, um zukünftige Rechtsstreitigkeiten über die Durchsetzbarkeit dieser Ziele zu vermeiden.

Sind die Ziele einmal festgelegt, können diese unterjährig nicht mehr einseitig vom Arbeitgeber geändert werden, es sei denn, die der Bonusberechnung zugrundeliegenden Umstände ändern sich wesentlich (z.B. Versetzung des Mitarbeiters in eine andere Geschäftseinheit); dann sind aber schnellstmöglich neue Ziele mit dem bzw. für den Mitarbeiter zu vereinbaren.

Am Ende des Bezugszeitraums muss der Arbeitnehmer nachweisen können, dass die Berechnung seines variablen Gehalts in Übereinstimmung mit den festgelegten Bedingungen durchgeführt wurde. Dies wird in der Regel dadurch erreicht, dass dem Mitarbeiter die Berechnungsmethoden zeitgleich mit den Zielen zur Verfügung gestellt werden.

Resturlaubsansprüche

Zum Jahresende spielen auch die Anzahl der noch bestehenden Urlaubstage und die Möglichkeit, diese auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen, eine wesentliche Rolle. § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG sieht vor, dass Urlaub, der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird, verfällt. Die noch verbleibenden Urlaubstage verfallen gemäß § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG nur dann nicht, wenn diese aufgrund dringender betrieblicher oder in der Person des Arbeitnehmers liegender Gründe auf das nächste Kalenderjahr übertragen werden können. Der übertragene Urlaub muss dann in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden (§ 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG). Wir haben bereits hier darüber berichtet, dass nicht genommener Urlaub seit der neuen Rechtsprechung des BAG vom 19.02.2019 (9 AZR 541/15, 9 AZR 423/16) grundsätzlich nicht mehr automatisch zum 31.12. des Urlaubsjahres bzw. spätestens zum 31.03. des Folgejahres verfällt. Vielmehr muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter zuvor rechtzeitig in die Lage versetzt haben, seinen Urlaubsanspruch auch tatsächlich wahrzunehmen. Es ist daher vom Arbeitgeber vor Jahresende noch einmal kritisch zu prüfen, ob er Arbeitnehmer, denen in 2019 noch ein Resturlaubskontingent zusteht:

  • eindeutig aufgefordert hat, ihren Urlaub bis zum 31.12.2019 zu nehmen, und
  • klar und rechtzeitig mitgeteilt hat, dass der Urlaub verfällt, wenn er nicht bis zum Ende des Bezugszeitraums genommen wird.

Sind Arbeitgeber ihrer Initiativlast bisher nicht in ausreichendem Maße nachgekommen, so sollten die betreffenden Arbeitnehmer noch schnell, unter entsprechender Belehrung über die Konsequenzen des Verfalls, aufgefordert werden, ihren Urlaub bis zum Jahresende vollständig zu nehmen. Ist dies bis zum Jahresende nicht mehr möglich, etwa weil zu viele Resturlaubstage verbleiben, bereits Betriebsferien anstehen oder notwendige Arbeit sonst unerledigt bliebe, sollten Arbeitnehmer im besten Fall schon jetzt über einen Verfall zum 31.03.2020 aufgeklärt und zur Urlaubsplanung Anfang 2020 aufgefordert werden. Um die Wahrung dieser Pflichten beweisen zu können, sollten Arbeitgeber diese Mitteilung zumindest in Textform (E-Mail) an den jeweiligen Arbeitnehmer übermitteln.

Meldungen an Finanzamt, Sozial- und Krankenversicherungen

Zum Jahreswechsel treffen den Arbeitgeber zudem verschiedene Meldepflichten. So ist für jeden am 31.12. eines Jahres in der Kranken-, Pflege-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten sowie für jeden geringfügig entlohnten Beschäftigten eine Meldung bei den Krankenkassen zu erstatten (§§ 28a Absatz 2, 28h SGB IV). Die Meldung dient insbesondere als Versicherungs- und Entgeltnachweis für die Rentenversicherung. Weiterhin hat bis spätestens zum 16.02. des Folgejahres für alle Arbeitskräfte gemäß § 28a Absatz 2a SGB IV eine Meldung der jeweiligen Jahresentgelte an die gesetzliche Unfallversicherung (UV) zu erfolgen. In der UV-Jahresmeldung sind dabei alle in der Unfallversicherung beitragspflichtigen Arbeitsentgelte eines Versicherten bezogen auf das Kalenderjahr zusammenzuführen. Verstöße gegen die Meldepflicht stellen eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit Bußgeldern geahndet werden kann (§ 111 Abs. 4 SGB IV). Darüber hinaus hat der Arbeitgeber gemäß § 41b EStG am Ende des Kalenderjahres der zuständigen Finanzbehörde die elektronische Lohnsteuerbescheinigung für jeden seiner Arbeitnehmer zu übermitteln. Anschließend ist die Lohnsteuerbescheinigung auch an den Mitarbeiter zu senden; üblicherweise mit der Januar- oder Februar-Lohnabrechnung des Folgejahres.

Schon jetzt zu beachten: Änderung in 2020

Auch auf einige Neuerung in 2020 sollten sich Arbeitgeber schon jetzt einstellen.

Zum 01.01.2020 steigen die Beitragsbemessungsgrenzen in den einzelnen Versicherungszweigen. Bis zu diesen Grenzen müssen Arbeitgeber das Bruttoarbeitsentgelt ihrer Mitarbeiter in den einzelnen Versicherungszweigen zur Berechnung der Beiträge heranziehen. Arbeitgeber sollten daher schon jetzt auf die Umstellung der Rechengrößen in der Sozialversicherung zum Jahreswechsel vorbereitet sein. Denn daraus resultiert eine höhere Beitragsbelastung für Sie als Arbeitgeber – und natürlich für die betroffenen Beschäftigten. Konkret steigt die Beitragsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung auf EUR 56.250/Jahr, d.h. EUR 4.687,50/Monat. Die Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung steigt hingegen auf EUR 82.800/Jahr (West) und EUR 77.400/Jahr (Ost), mithin auf EUR 6.900/Monat (West) und EUR 6.450/Monat (Ost). Arbeitgeber sollten daher die neuen Bezugsgrößen rechtzeitig in ihre Payroll einspielen; andernfalls könnten für Besserverdienende zu geringe Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge abgeführt werden, was – etwa nach einer Betriebsprüfung – zu unschönen Nachzahlungen führen kann.

Auch die im Versicherungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherten relevante allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) steigt im Jahr 2020 von EUR 60.750 auf EUR 62.550. Mitarbeiter sind demnach nur dann (weiterhin) ab dem 01.01.2020 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfrei, wenn ihr voraussichtliches Jahresarbeitsentgelt in 2020 die dann erhöhte Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet. Um die korrekten Beiträge abzuführen, müssen die Mitarbeiter daher rechtzeitig und richtig an- bzw. abgemeldet werden.

Außerhalb der Payroll gilt es aber ganz besonders zu beachten, dass der gesetzliche Mindestlohn zum 01.01.2020 von derzeit EUR 9,19 pro Stunde auf EUR 9,35 pro Stunde steigt. Dies wird in vielen Bereichen neben Änderungen in der regelmäßigen Vergütung vor allem Auswirkungen auf Regelungen zu Arbeitszeit und Überstunden einiger Beschäftigen haben. So können etwa Minijobber künftig nur noch maximal 48 Stunden/Monat eingesetzt werden. Auch tarifliche Lohnerhöhungen sollte der Arbeitgeber im Blick behalten. So gelten ab dem 01.01.2020 etwa höhere Branchenmindestlöhne für das Dachdecker- und Elektrohandwerk. Auch die Tabellenentgelte im öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) steigen zum 01.01.2020. Im Bereich des TVöD erfolgt eine Entgelterhöhung erst zum 01.03.2020. Für Auszubildende, die ab dem 01.01.2020 eingestellt werden, gilt nach dem neugefassten § 17 BBiG nunmehr eine monatliche Mindestvergütung in Höhe von EUR 515,00 im ersten Ausbildungsjahr.

Kündigungen zum Jahresende

Kündigungen zu Weihnachten sind Tabu? Vor allem aufgrund von Gewissensbissen lassen Arbeitgeber oftmals davon ab, sich noch in diesem Jahr von unliebsamen Mitarbeitern zu trennen. Doch dabei sind Beendigungen von Arbeitsverhältnissen zum Jahresende keine Seltenheit. Die Weihnachtszeit und auch die zahlreichen dazwischenliegenden Feiertage stehen einer wirksamen Kündigung nicht entgegen. Denn eine Kündigung kann grundsätzlich zu jeder Zeit und an jedem Ort wirksam erklärt werden. Sie darf daher auch an gesetzlichen Feiertagen, Sonntagen und sogar am 24.12. zugehen. Ein Zugang am Heiligen Abend, einem normalen Werktag, ist daher nicht sittenwidrig i.S.d. § 138 BGB (BAG, Urteil vom 14.11.1984 – 7 AZR 174/83). Doch auch hier gelten die allgemeinen Vorgaben für die Wirksamkeit einer Kündigung, d.h. sie muss vom Kündigungsberechtigten unterzeichnet sein und rechtzeitig zugestellt werden. Ist ein Betriebsrat gebildet, ist dieser ebenfalls rechtzeitig vorher gemäß § 102 BetrVG zur Kündigung anzuhören; für ordentliche Kündigungen gilt es die Wochenfrist, für außerordentliche Kündigungen die 3-Tages-Frist einzuhalten. Wir empfehlen, die Fristen nicht bis zum Schluss auszureizen und die Feiertage sowie sonstige Zustellhindernisse stets mit einzuberechnen. Ideal wäre insoweit eine Zustellung der Kündigung bis spätestens zum 21.12. Für die rechtzeitige Betriebsratsanhörung sollte folglich der 13.12. notiert werden.

Sonstiges

Im Weiteren können zum Jahresende auch laufende Fristen enden. Zu denken ist hier an Ausschlussfristen, besonders aber an Verjährungsfristen. Um hier ein Erlöschen der Ansprüche zu verhindern, muss die Verjährung unterbrochen werden. Eine sog. Hemmung der Verjährung tritt nach § 204 BGB durch die Einleitung Rechtsverfolgungsmaßnahmen ein. Auch schwebende Verhandlungen über Ansprüche bzw. die diese begründenden Umstände hemmen die Verjährung (§ 203 BGB). Für Arbeitgeber kann dies relevant werden, um z.B. etwaige Schadenersatzansprüche noch durchsetzen zu können. Weitere Fristabläufe zum Jahresende können spezielle Aufbewahrungspflichten betreffen, etwa von Personalunterlagen oder geschäftlichen Dokumenten.

In der Praxis werden – unabhängig von variablen Vergütungsstrukturen – zumeist sogenannte Jahresendgespräche geführt. Diese dienen in erster Linie der Beurteilung der einzelnen Arbeitnehmer und werden häufig als Verhandlungsraum für Gehaltserhöhung im nächsten Jahr genutzt. Verbreitet sind aber auch Feedbackgespräche der Art, dass Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber bewerten und mit Blick auf die Ereignisse des nun endenden Jahres Wünsche oder Verbesserungsvorschläge anbringen können. Jahresendgespräche haben allgemein einen Mehrwert für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Sie fördern die Mitarbeitermotivation und geben Führungskräften notwendige Einblicke in die allgemeine Stimmung im Team. Arbeitgeber werden so auf Dinge aufmerksam, die sie andernfalls nicht festgestellt hätten.

Dann mal ran an die Weihnachtsgans

… aber vorher im Unternehmen noch schnell klar Schiff machen und alles Erforderliche rechtzeitig veranlassen. Dann steht einem geordneten Jahreswechsel nichts mehr im Wege und es drohen keine bösen Überraschungen in 2020.

Isabell Flöter

Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Counsel
Isabell Flöter berät Unternehmen und Führungskräfte in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts, sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Bereich des Betriebsverfassungs- und Tarifrechts, der Betreuung von Kündigungsschutzstreitigkeiten und Unternehmenstransaktionen sowie in der Erstellung und Gestaltung von Arbeits-, Änderungs- Abwicklungs- und Aufhebungsverträgen. Sie ist Mitglied der Fokusgruppeen "ESG" und "Unternehmensmitbestimmung".
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